16.08.2021

Umfrage zum Schulstart 2021/22: Lehrkräfte denken 3-mal so häufig über Jobwechsel nach

  • Jede fünfte Lehrkraft hat während Corona oft über einen Jobwechsel nachgedacht – und damit 3-mal mehr als vor der Pandemie.
  • Über die Hälfte der Lehrkräfte (61,65 %) wünscht sich für das Schuljahr 2021/22 eine bessere Ausstattung mit Hardware wie WLAN oder Tablets, 50 Prozent wünscht sich mehr Zeit für individuelles Lernen und kleinere Klassen.
  • Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Online-Lernplattform sofatutor hervor. Befragt wurden 996 Lehrkräfte aller Schulformen und Klassenstufen deutschlandweit.
  • Berlin, 13.08.21 – Während die Diskussion um Impfungen bei Kindern noch in vollem Gange ist, ist die Schule in einigen Bundesländern wieder gestartet. Nach wie vor herrscht Maskenpflicht, es wird getestet, gelüftet und alles dafür getan, den Präsenzunterricht so lange wie möglich zu garantieren. Denn das vergangene Schuljahr hat ohne Zweifel Spuren hinterlassen – bei den Schüler*innen ebenso wie bei den Lehrkräften.

    In einer aktuellen Umfrage der Online-Lernplattform sofatutor wird das besonders deutlich, da sich der Anteil der Lehrkräfte, die während der Corona-Pandemie oft über einen Jobwechsel nachgedacht haben, im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie verdreifacht hat – von knapp 7 Prozent auf 21 Prozent. Und das, obwohl ein Drittel (32,03 %) der Lehrkräfte den Eindruck hat, dass ihr Beruf seit Corona an Ansehen gewonnen hat. sofatutor-Gründer Stephan Bayer meint: „Lehrkräfte waren in den vergangenen Monaten starker Belastung ausgesetzt. Sie brauchen dringend Entlastung! Das fängt bei einer guten sachlichen Ausstattung an, geht über eine Verschlankung des administrativen Aufwands bis hin zu einem neuen Fortbildungskonzept für z. B. digitales Unterrichten. Außerdem muss eine signifikante zeitliche Entlastung geschaffen werden, z. B. in der Vor- und Nachbereitung von Unterrichtsstunden. Kleinere Klassen, bessere Unterrichtsmaterialien – auch diese Wünsche lassen sich aus den Umfrageergebnissen für das kommende Schuljahr ablesen.“

    Auf die Frage „Was ist Ihre größte Befürchtung für das kommende Schuljahr 2021/22?“ antwortet über die Hälfte der Lehrer*innen (54,72 %), dass ihnen Mehrarbeit für Lehrkräfte die größte Sorge bereite. Dieser Wert wird nur noch getoppt vor der Angst vor einer erneuten Schulschließung (72,69 %). Die Umfrage zeigt, wie hoch der Druck bei deutschen Lehrkräften nach wie vor ist. Eine Rückkehr in den Distanzunterricht wäre verheerend für die Zufriedenheit in der Lehrerschaft – und würde damit voraussichtlich den vorherrschenden Lehrkräftemangel verstärken.

    Lehrkräfte suchen verstärkt Alternativen zur Schule

    Allein an Grundschulen fehlen laut einer Modellrechnung des KMK momentan etwa 1700 Lehrkräfte pro Jahr.
    Auch bei sofatutor lässt sich seit Jahren beobachten, dass Lehrkräfte immer häufiger einen Berufswechsel anstreben – und in der Redaktion des Berliner Unternehmens arbeiten. Stephan Bayer sieht in den Umfrageergebnissen daher die Gefahr bestätigt, dass Corona den Mangel noch verstärken könnte: „Wir sehen, dass die Bewerbungen von Lehrkräften zunehmen, die sich nach einer sinnstiftenden Alternative zum stressigen Lehrberuf umsehen. Die Gründe sind vielfältig: Mangelnde Unterstützung im Schulalltag, Überforderung, Frust, wenig Freiheit in der Unterrichtsgestaltung. Die Unzufriedenheit beginnt häufig schon mit der ersten Berührung des Arbeitsalltags als Lehrer*in: In Praktika oder dem Referendariat. Wenn durch Corona jetzt verstärkt Lehrkräfte ihren Beruf hinterfragen, könnte das für die Schüler*innen dramatische Folgen haben.“

    Die Ergebnisse der Umfrage unter Lehrkräften im Überblick:

    Wünsche für den eigenen Unterricht im kommenden Schuljahr: Die Hälfte der Lehrkräfte wünscht sich mehr Zeit für individuelles Lernen (50,5 %). Außerdem wünschen sich über jeweils zwei Drittel der Befragten einen durchgehenden Präsenzunterricht (63,76 %) und kleinere Klassen (66,87 %).

    Ansehen des Berufsstandes: Seit der Pandemie ist der Anteil der Lehrer*innen gestiegen, die ihren Beruf für etwas angesehener halten (von 12,85 % auf 32,03 %). Gleichzeitig denken nur gut 13 Prozent, dass ihr Beruf weniger angesehen ist als vor der Pandemie – ein Rückgang um 15 Prozent (von 29,32 %).

    Gedanken zum Jobwechsel vor der Corona-Pandemie: Vor der Pandemie haben über zwei Drittel der befragten Lehrkräfte nie über einen Jobwechsel nachgedacht (64,96 %). Nur knapp 7 Prozent gaben an, oft darüber nachgedacht zu haben.

    Gedanken zum Jobwechsel in der Corona-Pandemie: Von knapp 7 auf 21 Prozent gestiegen ist der Anteil der Lehrkräfte, die während der Pandemie oft über einen Jobwechsel nachdenken. Der Anteil der Lehrer*innen, die nie darüber nachgedacht haben, ist fast im gleichen Maße um 13,75 Prozent zurückgegangen.

    Lehrkräfte brauchen Entlastung und individuelle Förderung

    Dass sich Lehrkräfte händeringend Entlastung für ihren Unterricht suchen, zeigte sich bereits in der ersten Phase der Corona-Pandemie: Seit dem Frühjahr 2020 ist der Zahl der Lehrkräfte, die ihren Unterricht mit Inhalten von sofatutor gestalten, rapide gestiegen. Tausende Lehrer*innen melden sich seither täglich an – ein Rückgang ist noch nicht zu verzeichnen. Inzwischen nutzt jede vierte Lehrkraft in Deutschland das für sie kostenlose Angebot. Stephan Bayer sieht aber trotzdem weiter dringenden Handlungsbedarf: „Wir müssen den Lehrer*innen natürlich Hardware und Tools an die Hand geben, mit denen sie in großen Klassen differenziert unterrichten können. Gleichzeitig brauchen wir grundlegende schulpolitische Veränderungen. Schulen brauchen mehr Autonomie und die administrativen Aufwände müssen sich drastisch verringern. Fördergelder, wie z. B. aus dem Digitalpakt, müssen so leicht zu beantragen sein, dass jede Schule ihren Bedarf sofort anmelden kann. Auch Fortbildungen für Lehrkräfte müssen flexibel und bedarfsgerecht konzipiert werden, damit sie direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Und nur wenn Lehrkräfte auch die Zeit haben, sich mit ihrem Unterrichtskonzept auseinanderzusetzen, identifizieren sie sich auch damit. Sonst fühlen sie sich eher wie Fließbandarbeiter*innen, die nur abliefern, aber nicht gestalten können – und spielen öfter mit dem Gedanken zu wechseln. Hier müssen wir unsere Wertschätzung für den Lehrberuf dringend durch bessere Arbeitsbedingungen zum Ausdruck bringen!“

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